Hanna-Chris Gast
Meine
Darkover-Geschichten
Früher
war unser Siebener-Kurier eine Darkover-Fan-Zeitschrift. Die folgenden
Geschichten wurden im Rahmen des Siebener-Kuriers veröffentlicht, als
wir noch Darkover-Geschichten schreiben durften. Hier sind nur die Titelseiten
der abgeschlossenen Geschichten dargestellt und am Ende dieser Seite als
Beispiel eine Geschichte über Arbeitslosigkeit. Der Text aller Geschichten
kann per E-Mail zugesandt werden.
Titelbild:
Der Neskayaturm,
gemalt
von P. vom Kothen |
Kleinere Darkovergeschichten
enthält verschiedene Geschichten aus meinem "Leben"auf Darkover mit
"Kieran" und anderen Darkoverfans aus Berlin und München bis
etwa 1993. Meine Darkover-Identität ist "Kris n´ha Camilla", ich
"lebte" 6_Jahre auf Darkover, bis die Erlaubnis, Darkover-Storys zu schreiben,
zurückgezogen wurde. Jetzt lebt "Kris n´ha Camilla" auf Boruthia,
dem Planet der Katzen, der nicht mit Copy-Right- Problemen belastet
ist. Die kleineren Darkovergeschichten gibt es auch auf Englisch. Ich hatte
sie seinerzeit für Marion Zimmer-Bradley übersetzen lassen, diese hat
sie jedoch leider dann nicht mehr gelesen.
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Als
Austauschschüler auf Darkover
In
dieser Geschichte beschrieb ich die Erlebnisse eines Jungen,
der
für einen Sommer nach Darkover kam, um den Umgang mit Pferden zu lernen.
Er begegnet dort unter anderem Amazonen und psi-begabten Menschen.
Titelbild:
Theophils Pferd,
gemalt
von Brigitte Kerner
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Solarenergie für Darkover
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In
dieser Geschichte gerät die Weltraumingenieurin Hanna in einen abgelegenen
Ort auf Darkover. Diese Geschichte gibt es auch als Boruthia-Geschichte.
Titelbild:
Lindirsholm,
gemalt
von Susanne D´Agata
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Im
folgenden als Beispiel eine der Geschichten:
H.
Chris Gast, April 1993 (abgedruckt u. a. in Hamburg)
Dominik
Kap.
1, Die Alternative
Dominik
wußte nachher nicht mehr, wie lange er am Abgrund gestanden hatte, wo
sich die Straße zur Stadt auf halber Höhe zwischen dem Berg und der Lewabach-Schlucht
entlangwand. Vielleicht waren es nur wenige Minuten, vielleicht auch
Stunden. Grübelnd sah er in die Tiefe, wo der Bach die Felsen herabstürzte:
"Der Soldat, der dort letzten Herbst hinabstürzte, weil sein Pferd stolperte,
war auch sofort tot. Zumindest hatte dies der alte Mattes erzählt, nachdem
die Bauern die Leiche aus der Schlucht geborgen hatten. Warum sollte es
bei mir nicht genausogut klappen?" dachte Dominik düster.
Aber
trotzdem zögerte er zu springen. Gab es nicht vielleicht doch irgendeine
Möglichkeit, ein sinnvolles Leben zu führen, ohne ein überflüssiger
Außenseiter zu sein, der von seinem ältesten Bruder, dem Hoferben, bei
jeder Gelegenheit schikaniert wurde?
Wenn
er wenigstens im Kloster von Nevarsin hätte bleiben können! Aber er war
zu ketzerisch. Mit seinen Zweifeln an einem gütigen Gott (warum leiden
auch Tiere, die doch ohne Sünde sind?) hätten ihn die Mönche nicht im
Kloster behalten, obwohl er in der Klosterschule ein recht guter Schüler
gewesen war.Sicher, sein ältester Bruder mußte als Hoferbe alle unverheirateten
Geschwister ihr Leben lang auf dem Hof dulden und ernähren. Aber was für
ein Leben war das! Als Dominik aus Nervarsin zurückkam, hatte ihm sein
Bruder unverblümt zu verstehen gegeben, daß er von ihm erwartet hatte,
daß dieser für immer dort geblieben wäre. Ursprünglich war ja vorgesehen,
daß alle Brüder außer dem Ältesten zur Garde gingen und in der Stadt
blieben. Nur Dominik wurde in die Klosterschule geschickt, weil er zu schwächlich
für den Soldatenberuf war. "Du kannst ja nicht einmal ein Schwert
mit einer Hand halten!" hatten die anderen gespottet. Dominik war leider
Rechtshänder, und die Welt, in der er lebte, war ausschließlich für
Linkshänder geschaffen. Ein Schwert in der rechten Hand zu halten - das
gab es höchstens bei den Räubern, aber nicht bei ehrenhaften Gardisten.
Wieder
schaute Dominik in die Tiefe. Ihm war klar, daß nach dem allgemeinen Volksglauben
Selbstmörder in die Hölle kommen - gleich ob diese von Zandru, wie die
einen glaubten, oder vom Bürdenträger, wie die anderen glaubten, geleitet
wurde. Aber im Kloster hatte Dominik gelernt, Kälte zu ertragen: der ungeheizte
Schlafsaal der Klosterschüler war bereits ebenso kalt wie Zandrus siebte
Hölle, so wurde gewitzelt.
Dominik
war sich nicht sicher, ob es wirklich eine Hölle gibt. Aber wenn es eine
gibt, würde er dort besser leben als bei seinem Bruder auf dem Hof
und weniger einsam sein als im Dorf, wo ihn die anderen wegen seiner weichlichen
Art ablehnten. Er war schon als Kind sehr mädchenhaft in Aussehen
und Verhalten gewesen und von den Dorfjungen deswegen häufig verprügelt
worden. Man fragte sich sogar, ob er vielleicht zwitterhaft sei. Ein Mädchen,
für das er sich interessierte, hatte ihn abgewiesen . Sie wolle einen
"richtigen" Mann.
"Wäre
ich eine Frau, dachte Dominik bitter, würden wahrscheinlich sogar die
Amazonen, die sonst jede Frau aufnehmen, mich als zu weiblich ablehnen
..."
In
diesem Augenblick drang ein Ruf an sein Ohr. Valentino, sein ältester
Neffe, der Sohn seines ältesten Bruders, kam die Straße vom Dorf hinabgelaufen:
"Onkel Dominik, die Oma sucht dich überall. Du sollst doch den Laufbrunnen
reparieren".
Dominik
zuckte zusammen. Die Brunnenreparatur hatte er völlig vergessen. Dann
schüttelte er die trüben Gedanken aus dem Kopf. die Schlucht kann noch
einen Tag warten, oder zwei. Jetzt würde er erst einmal den Laufbrunnen
reparieren, und Valentino würde ihm helfen, soweit er das mit seinen 4
Jahren konnte.
Beim
Heimweg zum Hof hielt er seinen Neffen an der Hand und überlegte bereits,
wie er die morschen Bretter der Wasserrinne des Brunnens am geschicktesten
ersetzen könne. Und vielleicht könnte er ja Valentino auch zeigen, wie
man in der Wasserrinne des Laufbrunnens Schiffchen fahren läßt.
Kap.
2, Auf Arbeitssuche
Am
nächsten Tag war Waschtag. Dominik half am frühen Morgen den Frauen,
d.h. seiner alten Mutter, seiner Schwägerin und einer Magd, Holz zu hacken
und Feuer unter dem Waschkessel machen. Während er sah, wie sich
die Frauen damit abmühten, das Wasser eimerweise vom Laufbrunnen im Hof
ins Waschhaus zu tragen, dachte er daran, wie er als Kind einmal gefragt
hatte, warum man nicht den Laufbrunnen bis ins Waschhaus und in die Küche
fließen lasse, und ihm geantwortet wurde, daß dies nicht nötig sei,
es gebe ja genug Frauen zum Wassertragen. Danach mußte Dominik seinem
Bruder auf dem Feld helfen. Am Abend, kurz vor dem Schlafengehen, nahm
ihn seine Mutter beiseite: "Dominik, ich mache mir Sorgen um dich.
Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ich habe gesehen, wie du gestern
die Dorfstraße zur Newabach-Schlucht hinuntergingst". Sie machte eine
Pause und fuhr dann fort: "Hier im Dorf kannst du nicht bleiben,
da gehst du auf die Dauer zugrunde. Die Dorfbewohner sind ruppig, das waren
sie schon immer. Als Kind hätten dich die anderen Kinder fast totgeschlagen,
wenn wir nicht eingegriffen hätten. Als Erwachsene sind sie nicht besser,
auch wenn sie vor einem offenen Mord wohl zurückschrecken würden. Sie
lehnen dich ab, weil du anders bist und anders aussiehst mit deinen schmalen
Schultern und dem schlanken Körperbau. Du solltest besser eine Arbeit
in der Stadt suchen. Ich habe einmal als junges Mädchen dort als
Küchenhilfe gearbeitet. Von damals habe ich noch eine alte Freundin, Linnea,
die später in der Stadt einen Handwerker geheiratet hatte. Vielleicht
kann sie dir in der Stadt eine Stellung vermitteln, mit der du zufrieden
leben und arbeiten kannst. Beim nächsten Markttag komme ich mit in die
Stadt, und dann gehen wir beide zu ihr hin".
Am
nächsten Markttag kam also Dominiks Mutter mit in die Stadt, und nachdem
sie am Vormittag das Gemüse verkauft hatten, gingen sie zusammen zur alten
Freundin der Mutter. Die Mutter war lange nicht mehr in der Stadt gewesen,
und entsprechend herzlich war die Begrüßung durch die alte Freundin.
Dominik und seine Mutter wurden gleich zum Mittagessen eingeladen. Bevor
Dominiks Mutter zum eigentlichen Thema kam, unterhielten sich die beiden
alten Frauen erst eine ganze Zeit lang.
Dominik
fragte sich, ob entsprechend herzliche Freundschaften auch unter Männern
möglich sind. Bei der Dorfjugend und in der Klosterschule gab es nur lose
Gruppen, die sich gegenseitig rauften, aber keine friedlichen Freundschaften.
Und bei den Erwachsenen hatte Dominik den Eindruck, daß die Klosterlehrer
und die Bauern untereinander eher rivalisierten, als daß sie Freundschaften
hatten oder wenigstens friedlich miteinander verkehrten.
Schließlich kam der spannende Augenblick, in welchem Dominiks Mutter
ihre Freundin Linnea fragte, ob sie Arbeit für ihren Sohn wüßte. Diese
überlegte eine Weile, dann antwortete sie bedauernd: "Im Augenblick
sieht es nicht gut aus. Wegen der schlechten Ernten in den letzten Jahren
strömen viele Bauernsöhne in die Stadt, um zu arbeiten oder ein Handwerk
zu lernen, denn sie sehen zuhause keine Zukunft mehr für sich. Jetzt nehmen
die Handwerker nur noch die allerkräftigsten und geschicktesten jungen
Burschen an. Und einen Stadtschreiber haben wir hier auch schon".
Als
Jannea Dominiks traurige Miene sah, fuhr sie fort: "Aber ich habe
eine Nichte meines Mannes im Gildenhaus von Neskaya, Annika heißt sie.
Sie ist Entsagende (Amazone), quasi das schwarze Schaf der Familie.
Sie schreibt mir gelegentlich Briefe, die mir der Stadtschreiber dann vorliest,
und ich schicke ihr auch hin und wieder einen Brief, den ich dem Stadtschreiber
diktiere, und auch mal was schönes Gestricktes. Wißt ihr, diese Mannweiber
tun sich immer ziemlich schwer mit Handarbeiten.
Nun
ja, ich kann meiner Nichte einen Brief schreiben lassen, den ich dir" ‑
dabei blickte sie Dominik an ‑ "mitgebe, damit sie sich für dich in
Neskaya umhört. Im Turm von Neskaya brauchen sie eigentlich immer Leute,
wie mir Annika geschrieben hat. Solltest du Laran (Anmerkung: Psi: Fähigkeit,
die in sogenannten Türmen für Relais-Dienste usw. eingesetzt wird)
haben, bei deinem Aussehen würde es mich nicht einmal wundern, sowieso;
wenn nicht, so brauchen sie immer jemanden zum Bücherabschreiben oder
Männer für die Stallungen. Vielleicht wäre das ja etwas für dich!"
Das
war endlich einmal ein Lichtblick für Dominik. Er stimmte diesem Vorschlag
sofort zu.
Es
war schon zu spät am Nachmittag, um noch zurück ins Dorf zu laufen. Deshalb
blieben Dominik und seine Mutter über Nacht in der Stadt bei der Freundin
der Mutter. Als sie am nächsten Spätvormittag wieder auf dem Hof ankamen,
kritisierte der älteste Bruder Dominik, daß er sich in der Stadt vergnüge,
während es soviel Arbeit auf dem Feld gebe. Er zeigte sich dann aber erfreut,
als er hörte, daß Dominik eventuell eine Chance in Neskaya habe.
Einige
Langwochen später fand sich eine Karawane, die bereit war, Dominik nach
Neskaya mitzunehmen. Ausgestattet mit einem Rucksack voller Haferschrot
für Grütze und Kleidung zum Wechseln sowie einem Brief an die Entsagende
in Neskaya schloß sich Dominik ihr an. Im letzten Augenblick gab ihm die
alte Jannea noch ein Paket mit einem Pullover für ihre Nichte Annika mit.
Kap. 3, In Neskaya
Als
die Karawane aufbrach, empfand Dominik deutlich, daß für ihn ein neuer
Lebensabschnitt begann. Wie ein Bild prägten sich ihm alle Einzelheiten
um ihn herum ein, die er in diesem Augenblick sehen konnte. Teils traurig,
teils skeptisch, teils hoffnungsvoll zog Dominik mit der Karawane los.
Die Lasttiere waren schwer mit Fellen und mit Harz beladen, und die Männer
liefen zu Fuß nebenher. Bei Massengütern ist es zu teuer, Pferde zu verwenden.
Als Lasttiere wurden die hirschähnlichen Chervines verwendet, die im Gebirge
besser zurechtkommen als Pferde und ‑ was für solche Karawanen wichtig
war ‑ die keinen Hafer brauchen. Dominik half den Männern von der Karawane
und brauchte dafür nichts für die Reise zu bezahlen. Der Fußmarsch mit
der Karawane war für Dominik eine angenehme Abwechslung zur Arbeit auf
dem Bauernhof.
In
Neskaya angekommen bezahlte ihm der Karawanenführer noch für eine Nacht
die Herberge in der Stadt. Da es noch nicht Abend war, fragte Dominik sich
gleich zum Gildenhaus durch. Eine ältere Frau mit kurzem Haar, was ihn
etwas erschreckte, da er noch nie eine Frau mit kurzem Haar gesehen hatte,
öffnete ihm. Sie beäugte ihn eine Weile schweigend, dann fragte sie,
was er wollte. Er antwortete etwas schüchtern, daß er einen Brief und
ein Paket für eine Entsagende namens Annika von deren Tante bringe. Die
ältere Frau hat ihn, ihr zu folgen. Sie gingen durch mehrere Räume, bis
plötzlich eine andere Entsagende die ältere Frau in einem für Dominik
unverständlichen Dialekt zornig ansprach. Daraufhin fragte die ältere
Entsagende Dominik: "Bist du nicht eine der Emmascas von unserem Spähdienst?"
Dominik sah sie verwirrt an, er verstand nicht, was sie meinte. Da fuhr
die Frau fort: "Tut mir leid, dann mußt du natürlich im Besucherzimmer
warten. Männer dürfen das Gildenhaus nicht betreten". Sie führte Dominik
in die Eingangshalle zurück und dort in einen kleinen Seitenraum.
Dominik brauchte nicht allzulange zu warten, bis eine junge Frau mit schwieligen
Händen den Raum betrat. Sie hatte ebenfalls die Haare kurzgeschnitten.
Sie roch nach Pferdestall, was aber Dominik als Bauernsohn nicht störte.
Er registrierte nur verwundert, daß ja sonst nur Männer mit Pferden umgehen,
zumindest bei ihm im Dorf. Die junge Frau stellte sich ihm vor, sie war
die Annika. Dominik gab ihr den Brief und das Paket. Annika freute sich
sehr, von ihrer Tante zu hören.
Sie
packte gleich das Paket aus, ging dann kurz mit dem Pullover aus dem Besucherraum
und kam gleich darauf mit angezogenem Pullover wieder herein. Sie bewegte
sich prüfend mit dem Pullover, dann sagte sie zu Dominik: "Er paßt
mir gut, das kannst du meiner Tante ausrichten, aber wenn du ein bißchen
Zeit hat, lese ich erst ihren Brief und schreibe eine Antwort. Kannst du
morgen früh noch einmal vorbeikommen? So schnell kann ich nicht schreiben,
daß ich dir jetzt gleich einen Brief mitgebe". Dominik nickte und
ging zur Herberge zurück, ohne den Mut gefunden zu haben, Annika zu sagen,
daß er gar nicht zu ihrer Tante zurückkehren wolle, sondern eine Anstellung
in Neskaya suche.
Neskaya-Turm
wolle. Annika kannte dort eine Leronis, Winna, eine Frau um die 50 Jahre.
Sie bot deshalb Dominik an, ihn dorthin zu begleiten.
Im
Neskaya-Turm wurde Dominik auf Laran getestet, allerdings nicht von Winna,
Annikas Freundin, sondern von einer anderen Frau in einem roten Kleid,
die sich Dominik als die Bewahrerin des Turms vorstellte. Sie stellte
ihm erst sehr merkwürdige Fragen wie, ob er Vorfahren oder Verwandte
mit 6 Fingern habe oder ob seine Eltern oder Großeltern auch so schlank
und groß gewesen seien und ob rote Haare in seiner Familie vorkommen.
Der Larantest selbst erschien Dominik noch seltsamer. Schließlich teilte
die Bewahrerin Dominik mit spürbarer Enttäuschung mit, daß sein Laran
recht gering sei. Man könne ihm eine Grundausbildung im Turm von einem
Vierteljahr geben, aber nicht dauerhaft im Turm behalten. Dominik fragte
daraufhin, ob es nicht auch andere, nicht-laranerfordernde Tätigkeiten
im Turm gebe, z.B. Stalldienst. Schließlich verstehe er ja einiges von
Landwirtschaft. Doch die Bewahrerin verneinte schulterzuckend: "Das
ist aussichtslos. Es gibt hier in Neskaya viele Kriegsflüchtlinge, deren
Heimat in letzter Zeit von den Trockenstädtern verwüstet wurde. Wir
müssen erst denen Arbeit geben, die echte Flüchtlinge sind. Du
aber kannst ohne Gefahr in dein Heimatdorf zurückkehren, also können
wir dich nicht dauerhaft aufnehmen".
Damit
war Dominik von ihr entlassen. Draußen in der Eingangshalle des Turms
wartete noch Annika. Dominik erzählte ihr traurig von dem Gespräch und
dem Test. Annika meinte tröstend, er könne ja ruhig erst einmal diese
Grundausbildung im Turm anfangen, anschließend finde sich ja vielleicht
eine andere Arbeit. Also absolvierte Dominik in den nächsten Monaten
die Laran‑Grundausbildung. Ein bißchen erinnerte sie Dominik an die
Zeit in der Klosterschule, wo er gelernt hatte, sein vegetatives Nervensystem
und die Blutzirkulation zu kontrollieren, um die Kälte in Nevarsin aushalten
zu können. Hier aber lernte er, auch Dinge außerhalb seines Körpers
zu kontrollieren, was ihm aber trotz des PSI‑verstärkenden Matrixkristalls
wie ihn jeder im Turm benutzte, sehr schwer fiel. Immerhin konnte er am
Schluß der Ausbildung telekinetisch eine Kerze anzünden oder versteckte
Gegenstände finden, wenn er sich lange genug in den Matrixkristall vertiefte.
Aber wieder gelang es Dominik nicht, sich mit Mitschülern anzufreunden.
Regelmäßig
traf er sich aber mit Annika. Sie beide verband die Heimat und die gemeinsame
Außenseiter‑Erfahrung in der Kindheit. Zum ersten Mal erlebte Dominik
so etwas wie Freundschaft. An den Feiertagen schlenderten sie gemeinsam
durch die Stadt. Bei schlechtem Wetter trafen sie sich im Besucherraum
des Gildenhauses oder in der Vorhalle des Turms. Denn weder konnte er als
Mann sie im Gildenhaus der Entsagenden noch sie ihn in den für Laran‑Begabte
reservierten Wohnräumen des Turmes besuchen.
Sehr
schnell fand Dominik heraus, warum Annika so ungern Handarbeiten machte
und sich über die Stricksachen von der Tante immer freute und warum sie
zum Lesen soviel Zeit brauchte: Sie war nämlich weitsichtig, was ihr selbst
aber nicht bewußt war. Dominik fragte im Turm die Leronis, die ihn und
die anderen Schüler unterrichtete, ob man nicht etwas dagegen tun könne.
Diese aber antwortete, daß dies nur im Prinzip ginge: Ebenso wie man mit
Laran Krankheiten heilen könne, könne man natürlich auch den menschlichen
Körper und somit auch die Augen mit Laran verändern, aber derartige Manipulationen
seien seit dem Zeitalter des Chaos verpönt. Nur bei Blindheit oder echten
Augenkrankheiten würden sie im Turm etwas unternehmen, aber Weitsichtigkeit
sei keine Krankheit (ebensowenig wie Rechtshändigkeit?).
Die
Zeit der Grundausbildung im Turm war bald zuende, und Dominik hatte immer
noch keine Arbeit in Neskaya finden können, und nach Hause zu seinem Bruder
wollte er ja auch nicht zurück. Da hatte Annika eine Idee: Es war gerade
Jahrmarkt und dort gab es eine Wahrsagerin. Vermutlich war sie eine Leronis,
die es aus irgendwelchen Gründen nicht in einem Turm aushielt oder von
dort hinausgeworfen worden war. Vielleicht war sie auch nur eine Scharlatanin.
Dominik ging mit Annika hin. Er war skeptisch. Aber schaden konnte es jedenfalls
nicht. Seine Laran‑Lehrer im Turm hatten ihm zumindest keine brauchbaren
Ratschläge geben können. Die Wahrsagerin nahm Dominiks Hand in
ihre Hände, sah ihn tief an und sagte geheimnisvoll: "Ich sehe Schiffe
segeln und du stehst an Deck und schaust nach vorne". Mehr sagte sie nicht.
Je
länger Dominik später nachdachte, desto plausibler erschien es ihm:
Die Schiffahrt und das Fischen sind gewiß Arbeiten, bei denen immer wieder
Arbeitskräfte gebraucht würden. Dominik fragte sich, ob die Wahrsagerin
alle arbeitslosen jungen Männer zur Seefahrt schickte, die für den
Soldatenberuf nicht geeignet waren. Aber dies war für ihn nicht von Bedeutung;
die Idee, Arbeit auf einem Schiff zu suchen, erschien Dominik nicht schlecht,
und er beschloß, sich nach dem Ende der Ausbildung im Turm einer Reisegruppe
in Richtung Meer anzuschließen. Nur der Abschied von Annika fiel ihm furchtbar
schwer. Aber was konnte er anderes tun? Auch Annika war sehr traurig. Während
eine Entsagende nicht abhängig von Männern leben durfte wegen ihres Amazonen‑Eides,
dürfte sie zwar theoretisch einen Mann ernähren, der keine Arbeit hatte,
aber dies war doch zu absurd, um ernsthaft an so etwas denken zu können.
also mußte sie Abschied nehmen.
Wieder
begann ein neues Kapitel in Dominiks Leben, als er sich einer Karawane
anschloß, die eine der Hafenstädte zum Ziel hatte.
Kap.
4, Annika
Wenn der
Leser jetzt erwartet, daß jetzt eine Schilderung von Dominiks Reise in
die große Hafenstadt Temora folgt, von wo aus die Schiffe über das gefährliche
Meer segeln, hinter dem die sagenhaften Kupferinseln liegen sollen, so
muß ich ihn enttäuschen. Der Erzähler bleibt in Neskaya zurück, von
wo aus wir nicht vor dem Frühjahr irgendeine Nachricht von Dominik bekommen
können.
Nachdem
Dominik mit einer Karawane Richtung Meer abgereist war, ging Annika wieder
an ihre Arbeit. Solange sie unmittelbar mit den Pferden zu tun hatte,
war sie konzentriert und alles lief normal. Aber wenn sie bei schlechtem
Wetter in der Sattelkammer saß und an irgendwelchen Sätteln und Zaumzeug
oder Tragegurte nähte, hörte man sie öfter als sonst fluchen, weil sie
zerstreuterweise etwas falsch genäht hatte und wieder auftrennen mußte.
Den
anderen Gildenschwestern ging sie noch mehr aus dem Weg als früher. Nur
ihre Bekannte im Turm, die Leronis Winna, besuchte sie regelmäßig. Winna
ahnte, was in Annika vorging, hütete sich aber, es auszusprechen und versuchte,
sie auf andere Gedanken zu bringen.
Nachts
lag Annika oft wach. Sie hörte die Herbststürme an den Läden klappen,
und einige Langwochen später die Schneestürme. Sie dachte dabei oft
an Dominik, und wie es ihm wohl gehe. Sie überlegte, ob sie mit ihm in
die Hafenstadt gegangen wäre, wenn sie ein Mann wäre. Aber ob sie dort
einen Job mit Pferden gefunden hätte oder mit dem Matrosenberuf klarkommen
würde? Oder auch nicht? Wird wohl Dominik mit der Arbeit auf einem Schiff
zurechtkommen?
Annika
gab sich Mühe, sich nicht zuviel im Bett hin‑ und her zu wälzen, um
nicht die Gildenschwestern aufzuwecken, mit denen sie das Bett teilte.
Nur sehr reiche Leute, überlegte sie, können sich ein Einzelbett leisten
und einen Kamin mit Feuer im Schlafzimmer, damit sie nicht entsetzlich
frieren, wenn sie allein im Bett liegen. Der König in der Hauptstadt Thendara
wird wohl ein eigenes Bett haben, dachte Annika im Halbschlaf. Aber ein
derart starkes Kaminfeuer, daß er bei so einem Schneesturm, wie er draußen
tobte, nicht friert, kann es wohl gar nicht geben... Mit derartigen Gedanken
schlief Annika endlich ein.
Was
wohl alle Gildenschwestern wußten, bloß Annika selbst nicht: Sie war
verliebt. Hätte man es ihr auf den Kopf zugesagt, sie hätte es abgestritten.
Wurde nicht immer gesagt, sie sei kein richtiges Mädchen, oder an ihr
sei ein Junge verlorengegangen? Wie soll sich denn so jemand in einen Mann
verlieben? Hätte sie sich in eine Frau verliebt, wie einige der Gildenschwestern,
wäre es verständlicher gewesen.
Zwar
gab es im Gildenhaus viele Frauen, die sich in der Mittsommernacht mit
Männern vergnügten, ja es gab sogar einige, die für immer das Gildenhaus
verließen, wenn sie "den Mann fürs Leben" trafen (letzteres gibt es wirklich,
auch wenn die Entsagenden nur ungern davon erzählen). Aber Annika zählte
sich nicht zu diesen.... (der Ausdruck ist unübersetzbar).
Andererseits
- wenn Annika an die Gildenschwestern dachte, die untereinander zärtlich
waren, war es ihr irgendwie unbegreiflich: Mann mit Frau - das war nötig,
damit es Kinder gab. Aber wenn zwei Frauen miteinander kuschelten - wozu
soll das gut sein?
So
vergingen die Langwochen und allmählich wurde Annika wieder wie früher,
ja sie wurde mit der Zeit sogar umgänglicher als früher, wozu gewiß
auch Winnas Einfluß beitrug. Als jedoch im Frühjahr der Schnee
schmolz und die ersten Karawanen aus dem Tiefland erwartet wurden, kehrte
jedoch die Unruhe in sie zurück. Unruhig machte sie Ausritte in die Umgebung
und sprach nur das nötigste mit ihren Gildenschwestern.
Endlich
erschien die erste Karawane in Neskaya, die vom Meer heraufgekommen war,
und auf dem Markt wurden wieder Salz und Seefisch feilgeboten. Aber es
erschien kein Bote im Gildenhaus, um einen Brief abzuliefern. Annika
lief, sobald es ihre Arbeit im Gildenhaus erlaubte, zu ihrer Freundin Winna
im Turm. Aber auch diese hatte keinerlei Nachricht von Dominik bekommen.
Da
fing Annika an zu weinen, wie sie es sonst noch nie getan hatte, seit sie
sich zurückerinnern kann. Die ältere Freundin tröstete sie mit einer
leichten Berührung und ein paar Worten, die eher mütterliche Laute als
Worte waren. (PSI‑begabte Menschen ertragen nur schwer körperlichen
Kontakt, deshalb berühren sich die Turm-Mitarbeiter, die Leron'yn, in
der Regel nur leicht mit der Fingerspitze zur Begrüßung). Allmählich
gewann Annika ihre Beherrschung zurück. Sie fragte Winna, ob Dominik vielleicht
etwas zugestoßen sein könne? Oder ob er sich verliebt habe und darüber
Neskaya vergessen habe? Bei Männern soll es ja sowas geben.
Winna
horchte eine Weile in sich, dann gab sie Annika eine halbwegs beruhigende
Antwort: Es ginge Dominik vielleicht nicht besonders gut, aber auch nicht
allzu schlecht, auf jeden Fall sei er noch am Leben. Und so, wie
sie Dominik während seiner Ausbildung im Turm kennengelernt habe, sei
sie sicher, daß er Neskaya nicht vergessen würde. Das sage ihr ihre Menschenkenntnis.
Dafür brauche sie kein Laran, um das zu sagen. Schweren Herzens
kehrte Annika ins Gildenhaus zurück. Vielleicht kommt ja mit der nächsten
oder übernächsten Karawane eine Nachricht.
Doch
auch die nächsten Karawanen, die Neskaya erreichten, brachten keine Nachrichten
von Dominik mit. Erst kurz vor Mittsommer kam endlich der erste Brief.
Annika ließ alles stehen und liegen und rannte, so schnell sie konnte,
mit dem Brief zu Winna, um sich den Brief vorlesen zu lassen.
Kap.
5, Wieder auf Arbeitssuche
Dominik
hatte sich nicht der erstbesten Karawane angeschlossen, die Richtung
Meer zog, sondern sich erst in Neskaya gründlich beraten lassen. Die günstigste
Reiseroute zum Meer war von Neskaya über Marenji und Serrais nach Temora.
Von Temora fuhren Segelschiffe zu den Kupferinseln und zu einigen anderen
fernen Inseln. Auf einer dieser Inseln, so wurde erzählt, soll es sogar
Wesen geben, die von den Sternen kommen mit Schiffen, die den Himmel entlangsegeln.
Diese Wesen sollen angeblich für Schmuck aus Edelstein den 100fachen Wert
in Kupfer bezahlen, weil es offenbar viele Sterne aus Kupfer gibt ( die
Sonne Darkovers ist ja auch rötlich), aber wenige Sterne aus Edelstein.
Diese Wesen von den Sternen sollen wie Menschen aussehen, aber zum Teil
rote, gelbe oder schwarze Hautfarbe haben. Wieso nicht grüne oder lila
Haut, fragte sich Dominik, der diese Erzählung nicht glaubte.
Da
zuviele junge Männer und sogar ganze Familien auf der Suche nach Arbeit
in Richtung Temora strömten, erschienen Dominik die Chancen für ihn selbst
im Vergleich zu den anderen, meist kräftigeren jungen Burschen zu schlecht,
und er schloß sich unterwegs einer Karawane über Haylis nach Dalereuth
an, anstatt weiter mit der Handelskarawane nach Temora zu ziehen. Dalereuth
war weniger bedeutend. Dort überwog die Fischerei. Und vor allem war Dalereuth
weniger überlaufen und bot, so schien es Dominik, größere Chancen auf
Arbeit, wenn auch die Löhne niedriger waren. Von Haylis schrieb
er einen Brief an Annika, wo er ihr von dieser Entscheidung erzählte.
Es wurde jedoch fast Sommer, bis dieser Brief Annika erreichte.
Ob
es Dominik in Dalereuth den Winter über gut ging oder ob er überhaupt
dort überwintert hat, wissen wir leider nicht, lieber Leser. Fest steht
jedoch, daß er im späten Frühjahr in Thendara im Raumhafen auftauchte,
um nach Arbeit zu fragen und in der 6. Langwoche nach dem Frühjahrsfest
von den Terranern fest angestellt wurde. Wie gut, daß die Terraner tatsächlich
existieren und nicht bloß Seemannsgarn sind. Gut auch, daß sie einheimische
Zeitrechnung verwenden auf ihrem Raumhafen. Mit einem Einstellungstermin
23.10.4204, 04 Uhr GMT könnte der Leser wohl kaum was anfangen. Noch am
selben Tag schrieb er an Annika, an den Turm in Neskaya und an seine Mutter
in den fernen Kilghard-Bergen.
In
seinem Brief an Annika schilderte Dominik eine Bootsfahrt den Valeron‑Fluß
hoch, wobei er als Hilfskraft half, mit langen Stäben, die ins Flußbett
gedrückt wurden, das Boot flußaufwärts zu staksen. Dann beschrieb Dominik,
wie er in Dellerey erfahren hatte, daß es die Terraner tatsächlich gibt
und in der Hauptstadt Thendara eine großen Raumhafen bauen. Vom Dellerey
war Dominik über Burg Valeron und Isoldir nach Thendara gelangt.
Die
Terraner und den Raumhafen beschrieb er in seinem Brief nicht, aber er
versprach weitere Briefe zu schreiben. Ob also diese Wesen von den Sternen
tatsächlich gelb, rot und schwarz aussahen, blieb also erst einmal noch
offen.
Kap.
6, bei den Terranern
Dominik
gefiel es bei den Terranern. Erst bekam er leichte Hilfsarbeiten, und als
er die Sprache der Terraner gelernt hatte und sich im Bedienen der terranischen
Baumaschinen bewährt hatte, wurde er schrittweise in der terranischen
Technik ausgebildet, die ihm anfangs wie Magie erschien. In einem seiner
Briefe umschrieb er eine Aufgabe so "Ich muß Rohre zusammensetzen, in
denen kein Wasser fließt, sondern Licht. Aber dieses Licht hat genauso
Wellen wie das Wasser im Meer". Ansonsten war seine Arbeit für nicht
speziell ausgebildete Darkovaner (und selbst für die meisten Terraner!)
zu unbegreiflich, als daß Dominik sie ihnen hätte beschreiben können.
Anders
als in seinem bisherigen Leben fand Dominik bei den Terranern zum ersten
Mal ein paar Freunde, denn in den Raumhäfen waren viele Männer und auch
Frauen, die zuhause auf einem der Planeten des terranischen Imperiums ebenso
Außenseiter waren wie Dominik in seinem Heimatdorf. Und bei der Rassenvielfalt
des Raumhafens fiel seine schwächliche und schmale Gestalt nicht weiter
auf. Aber er litt sehr unter Heimweh und sehnte sich danach, Annika wiederzusehen.
Zuletzt
bekam Dominik sogar eine Stellung auf einem Raumschiff. In gewissem Sinne
erfüllte sich nun die Erfüllung der Wahrsagerin vom Markt in Neskaya:
Wenn
das Raumschiff im Weltraum war, bekam Dominik einen Helm aufgesetzt, der
es ihm erlaubte, den sogenannten Überraum zu sehen ("Hyperpace" auf
terranisch), in dem das Raumschiff gewissermaßen dahinsegelte". Und mittels
dieses Helms hielt Dominik Ausschau nach den Zielplaneten, so wie ein Matrose
auf einem normalen Segelschiff Ausschau nach Leuchttürmen und Inseln hält.
Nach Dominiks Ansicht hatte dieser Überraum, in dem die Raumschiffe fuhren,
um schneller als Licht zu sein, Ähnlichkeit mit der Überwelt, die er
im Turm von Neskaya kennengelernt hatte, in der die Laran‑begabten Leron'yn
(die PSI‑begabten PSI‑Techniker) mental reisen und arbeiten.
Was
für eine Freude empfand aber Dominik, als das Schiff wieder nach Darkover
kam und er beim Verlassen des Schiffes Annika traf, die ihn an der Zollschleuse
des Raumhafens erwartete! Sie war ins Gildenhaus Thendara übergesiedelt
und hatte sich ebenfalls eine Arbeit bei den Terranern gesucht. Die Terraner
hatten gleich ihre Weitsichtigkeit behoben, und nun konnte sie endlich
lesen.
Wäre
diese Geschichte ein Märchen, so würden Dominik und Annika jetzt heiraten
und später viele Kinder haben. Jedoch ist dies kein Märchen, und Annika
ist eine Entsagende, die wie alle Gildenschwestern einen Eid geleistet
hat, niemals von einem Mann abhängig zu sein. Aber wenigstens hatten Annika
und Dominik eine freundschaftliche Beziehung, die im Laufe der Zeit sogar
zärtlich wurde.
Lange
hielt es Annika bei den Terranern nicht aus, und sie arbeitete wieder im
Gildenhaus, selbst feine Näharbeiten machten ihr dank ihrer korrigierten
Augen keine Probleme mehr, aber am liebsten tat sie Dienst im Pferdestall
wie schon in Neskaya. Sie hielt die Computer und klimatisierten Räume
bei den Terranern einfach nicht mehr aus. In den Raumhafen ging sie nur,
um Dominik zu besuchen und mit ihm ein paar schöne Stunden zu verbringen,
oder um sich Filme über Pferde und Pferdezucht anzusehen, denn es war
nicht erlaubt, terranisches Gerät aus der Handelsstadt mitzunehmen, und
die Kontrollen an den Toren war streng. Dominik suchte sich bei den Terranern
eine Tätigkeit im Raumhafen und flog nicht mehr monatelang durch das All.
Für Dominik und Annika war dies eine sehr schöne Zeit.
Aber
auf Dauer war das Getrenntleben unbefriedigend. Dominik durfte nicht ins
Gildenhaus, und Annika vertrug das künstliche Klima in den Gebäuden
der Terraner nicht. Der Versuch, zusammen eine Wohnung in der Altstadt
von Thendara zu nehmen, scheiterte nach einer Weile. Gebraucht hätten
sie viel Geld, um sich einen großen Hof zu kaufen, wo Annika Pferde züchten
und Dominik die Verwaltung hätte machen können. Aber die Verhältnisse
waren nun mal nicht so...
Schließlich
bot Dominik Annika an, sich bei den Terranern einer Geschlechtsumwandlung
zu unterziehen, dann könne er als Frau zu ihr ins Gildenhaus ziehen. Die
terranischen Ärzte können so etwas mit großer Perfektion. Aber Annika
lehnte ab. Sie sei nicht lesbisch, und diese Lösung behage ihr überhaupt
nicht.
Neuer
Schluß von Februar 1996
Es
war schließlich ein ehemaliger Kollege Dominiks vom Raumschiff, der eine
Lösung wußte: Es gäbe einen Planeten, der von Katzenwesen regiert würde,
aber es lebten dort auch Menschen, und zwar mit einer Kultur, in der das
Geschlecht keine große Rolle bei der Berufswahl spielt. Es gäbe auf diesem
Planeten auch keinen Leistungsdruck, mit dem Dominik ja sogar bei den
Terranern etwas Probleme hatte. Dafür sei halt der Lebensstandard niedriger.
Und Pferde gäbe es dort auch viele. "Und wie heißt der Planet?" fragte
Dominik.
"Boruthia"
antwortete der Kollege.
Nachwort:
Es
begab sich aber zu der Zeit, daß (von Marion Zimmer-Bradley) ein Befehl
ausging, daß alle Terraner auf Darkover diese geschätzte Welt zu verlassen
hätten. Dominik gelang es, kurz vor Inkrafttreten dieser Regelung die
terranische Staatsbürgerschaft zu erlangen und Annika nach terranischem
Gesetz zu ehelichen. Und so begab auch er sich mit seinem angetrautem Weibe
an Bord des Raumschiffs, daß die Terraner von Darkover wegbrachte. Er
und Annika hatten sich ebenso wie 40 andere Terraner für den Planeten
Boruthia entschieden, andere gingen nach Pern oder Deep‑Space‑Nine,
es gab sogar einige, die auf die Erde, auf den Planeten Terra zurückkehrten.
Und
als sie in Boruthia ankamen, siehe, da war sogar reichlich Platz in den
Herbergen. Annika fand eine Arbeit im Pferdestall des Raumhafens und
Dominik in der Gärtnerei der Raumhafenklinik. Ob sie Kinder hatten, ist
mir nicht bekannt, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch
heute.
H.
Chris Gast, Februar 1994
Wer sich für Darkover interessiert,
sollte sich auch die Internetseite von Britta Rutkowski in Hamburg ansehen:
siehe "Links"
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